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Traum aus Bruyèrholz: Mein Weg zur ersten selbstgebauten Tabakpfeife

Nach über 30 Jahren erfülle ich mir einen lang gehegten Traum: Im idyllischen Kurszentrum Ballenberg baue ich unter Anleitung von Roman Peter, dem Meister des Schweizer Pfeifenhandwerks, meine eigene Tabakpfeife. Drei Tage, die aus einem Stück Holz ein persönliches Kunstwerk entstehen lassen – und eine Erinnerung für die Ewigkeit.
Es ist der Freitag, 6. September 2024 – ein sonniger, heisser Spätsommertag. In Emmenbrücke steige ich in mein Auto, um mir einen über 30 Jahre lang gehegten Traum zu erfüllen: eine eigene Tabakpfeife bauen. Vorbei am strahlend blauen Lungernersee und über den Brünigpass, geht es hinunter nach Hofstetten bei Brienz, ins Kurszentrum Ballenberg. Hier, unter der Anleitung von Roman Peter, dem Schweizer Tabakpfeifenbauer schlechthin, soll mein Traum in Erfüllung gehen.
Ich bin früh dran – schliesslich möchte pünktlich sein, und so komme ich rund eine halbe Stunde früher als nötig an meinem Ziel an. Wer 30 Jahre gewartet hat, den kümmern 30 Minuten dann nicht mehr gross. Mit mir haben sich sechs weitere Teilnehmer eingefunden. Alles Männer, die sich offenbar genauso sehr auf dieses Wochenende freuen. Beim Eingang des Kursraums stehen wir in der spätsommerlichen Sonne und hören gespannt Romans Einführung in die Welt der Tabakpfeifen.
Roman beginnt mit der Geschichte des Bruyèrholzes, dem Material, das wir in den nächsten Tagen zu Pfeifen verarbeiten werden. Dabei erzählt er von der besonderen Art und Herkunft dieses Holzes, das aus der Erika-Pflanze (Erica arborea) gewonnen wird. Es hat eine erstaunliche Festigkeit und Hitzebeständigkeit – und scheint förmlich dafür gemacht, die Form einer Tabakpfeife anzunehmen.

Roman selbst ist von klein auf mit dem Pfeifenbau vertraut. Sein Vater betrieb ebenfalls ein Tabakgeschäft, und die Liebe zu diesem Handwerk wurde an ihn weitergegeben. Spannend fand ich, wie Roman beschreibt, dass der Pfeifenbau weit mehr mit Kunst als mit Schreinerei zu tun hat. Diese Holzknollen, die wir verwenden werden, scheinen ihre eigene Seele zu haben. Sie haben Eigenheiten, eine Sprache, die erst beim Bearbeiten zum Vorschein kommt. Es ist nicht der Pfeifenbauer, der die Form bestimmt – vielmehr enthüllt das Holz selbst nach und nach seine Form.

Nach der Einführung beschlossen wir gemeinsam Abendessen zu gehen, damit wir Kursteilnehmer uns besser kennenlernen konnten. Nach einem gemütlichen und geselligen Abend verabschiedeten wir uns mit einem «bis morgen». Während jene mit einem längeren Anreiseweg in der Nähe des Freihlichtmuseums übernachteten, fuhr ich nach Hause zurück und freute mich bereits am nächsten Tag endlich loslegen zu dürfen.

Am Samstagmorgen ging es früh los. Schon um 8:00 Uhr traf sich unsere Truppe wieder, weil wir alle es kaum erwarten konnten, mit dem eigentlichen Bau unserer Pfeifen zu beginnen. Wir alle waren gut gelaunt und wollten endlich ans Werk gehen. Der erste Schritt bestand darin, ein passendes Holzstück auszuwählen, und Roman Peter hatte eine Kiste voll einzigartiger Knollen des Bruyèrholzes mitgebracht. Jede dieser Knolle erzähle ihre eigene «Geschichte» und habe ihre eigene Persönlichkeit, woraus sich die Form der Pfeife leiten lasse. Nach kurzem Überlegen entschied ich mich intuitiv für ein markantes Stück mit einer schönen, charakterstarken Struktur. Eigentlich hatte ich eine runde, grosse Pfeifenform im Kopf gehabt, aber das Holz selbst überzeugte mich davon, dass es kantig werden wollte.
Schnell war klar: Es sollte eine eher eckige, markante Form werden, bei der die natürliche Struktur des Holzes am Rand unberührt bleiben würde. Nur mein Wunsch nach einem grossen Tabakloch blieb bestehen.

Anschliessend ging es an die Auswahl der Mundstücke. Diese waren in ihrer unbearbeiteten Form gerade und hatten noch die matte Erscheinung des Rohmaterials. Überraschenderweise entschieden sich zwei Teilnehmer für lange Mundstücke – fast wie die aus den Herr-der-Ringe-Filmen. Ich hingegen wollte eine kürzere, harmonische Biegung. Das Biegen des Mundstücks ist ein heikles Unterfangen, das Geduld und Präzision erfordert. Roman Peter half dabei mit seiner ruhigen Hand und seiner jahrelangen Erfahrung.
Nun kam der Moment, in dem wir unsere gewünschten Pfeifenformen auf das Holz zeichneten. Hier durfte ich meine Vorstellungskraft wirklich einsetzen. Danach übernahm Roman Peter die riskante Aufgabe des Aussägens. Als er mein Holzstück in die Hand nahm, bemerkte er jedoch einen kleinen Makel: Es gab einen Hohlraum im Inneren des Holzes, der erst nach einem kurzen Schnitt sichtbar wurde. Glücklicherweise lag noch ein fast identisches Stück in der Kiste, und so konnte ich meine ursprüngliche Idee dennoch umsetzen.

Nachdem die Form grob ausgeschnitten und das grosse Tabakloch sowie die Verbindung zum Mundstück gebohrt waren, ging es ans Feilen. Es war eine ruhige, fast meditative Arbeit. Für Stunden stand ich da und feilte, schliff und formte die Pfeife mit Geduld und einer ruhigen Hand. Roman erklärte, dass das Holz in Etappen immer wieder geschliffen und eingefärbt werden sollte, um die natürliche Maserung sichtbar zu machen. Das Farbspiel war faszinierend: Man schleift, pinselt, schleift wieder und wieder, und jedes Mal kommen neue Details der Maserung zum Vorschein. Die gleiche Technik kam auch beim Mundstück zum Einsatz, das langsam Form und Glanz annahm. Ich liess mich vom Holz leiten, und als das Tabakloch von Hand auf die richtige Grösse erweitert wurde, musste ich erneut vorsichtig sein, damit das Loch zum Mundstück nicht beschädigt wurde. Nach diesem langen, handwerklich intensiven Tag hatte die Pfeife schliesslich ihre endgültige Form, und ich war fast versucht, sie zu rauchen – aber es fehlten noch die letzten, entscheidenden Schritte für das Finish.

Am Sonntagmorgen gab es den letzten Schliff. Roman brachte das Carnaubawachs hervor, das unserer Pfeife den finalen Glanz verleihen sollte. Das Wachs wurde auf eine Polierscheibe aufgetragen und durch die Reibung flüssig, sodass es sich mit der Holzoberfläche verband. Es war unglaublich zu sehen, wie das Holz aufblühte und seine ganze Schönheit preisgab. Als letzter Schritt wurde das Tabakloch zum Schutz des Holzes mit Russ beschichtet. Dafür wurde der Russ mit ein wenig Wasser vermengt und in das Tabakloch eingearbeitet. Obwohl ich normalerweise meine Pfeifen selbst einrauche, wollte ich bei diesem dünnen Rand auf Nummer sicher gehen und die Innenwände mit einer leichten Russschicht versehen.
Gegen Mittag waren wir alle fertig, und unsere sieben Pfeifen-Unikate lagen in einer Reihe vor uns auf dem Tisch. Da beschlossen wir, das Mittagessen ausfallen zu lassen und stattdessen gemeinsam unsere Pfeifen einzuweihen. Bei strahlendem Sonnenschein und mit Blick auf das wunderschöne Freilichtmuseum Ballenberg genossen wir die Früchte unserer Arbeit und liessen die letzten drei Tage noch einmal Revue passieren. Es war ein inspirierender Kurs – ohne Stress, in entspannter Atmosphäre und mit viel Raum, um unsere eigenen Vorstellungen umzusetzen. Die Freiheit, unsere Ideen mit den Charakteren der Holzstücke zu verbinden, machte das Erlebnis besonders wertvoll. Mit meiner eigenen Pfeife in der Hand und der Zufriedenheit, einen lang gehegten Traum erfüllt zu haben, fuhr ich schliesslich nach Hause. Ein grosser Dank geht an Roman Peter für die vielen Informationen, seine Expertise und Unterstützung, die diesen Kurs unvergesslich gemacht haben.
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