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Affaire de famille : un polar Arthur Hanni de Peter Inderbitzin - 2e partie

Ce qui s'est passé jusqu'à présent : Arthur Hänni, un enquêteur privé de Zurich, profite d'un week-end de détente à l'"Hôtel Victoria-Jungfrau" à Interlaken. De retour à Zurich, il retourne à son quotidien, qui se déroule d'abord sans événements. Finalement, il reçoit un appel d'une femme, Mme Burckhardt, qui lui demande de retrouver l'ami disparu de sa fille Mia. Lors d'une visite à la villa de la riche famille, Hänni obtient toutes les informations nécessaires et un généreux acompte. Peu après avoir quitté la villa, il est attaqué par un e-biker, ce qui oriente brusquement son enquête dans une nouvelle direction.

Hänni riss sich los, fluchte und wollte diesem kapuzentragenden E-Biker bereits einen Vortrag über Anstand und Fussgänger-Rechte halten. Da fielen Kapuze und Schal und Hänni staunte. Er blickte in das Gesicht einer jungen Frau mit blauen Augen, umrahmt von einer blonden Mähne. Die E-Bikerin liess seinen Arm los und entschuldigte sich.
«Kommen Sie aus unserem Haus?», fragte sie und deutete auf das Tor neben ihnen. Er nickte. «Ich bin Mia. Sind Sie… sind Sie der private Ermittler? Haben Sie das Kuvert mit meinen Angaben zu Tiago erhalten?» Arthur nickte erneut.
Mia schaute nach links und rechts, vergewisserte sich, dass niemand beim Tor stand und trat ganz nahe an Hänni heran. Sie duftete nach einem Hauch von Vanille.
«Ich möchte Ihnen einen weiteren Auftrag geben. Bitte finden Sie heraus, ob meine Eltern etwas mit dem Verschwinden meines Verlobten zu tun haben.»
Aus ihrem Kapuzenpulli fingerte sie eine kleine Visitenkarte.
«Sie sehen, ich habe einen eigenen Beruf und verdiene mein eigenes Geld. Ich kann Sie ebenso gut bezahlen wie meine Eltern.»
Sie drückte ihm das Kärtchen in die Hand, packte ihr E-Bike, schloss das Tor auf und verschwand dahinter.
Noch etwas verwirrt von den beiden Begegnungen nahm er den Weg Richtung Seilbahn unter die Füsse und betrachtete die Karte. Da stand nur: Mia, Model und Influencerin, darunter eine Handy-Nummer. Er war diesmal allein in der Seilbahn-Kabine und zählte die Summe ab, die er seiner Ex schuldete, liess diese im kleinen Kuvert und stopfte sich den Rest des Geldes in die Hosentasche. Am Hardplatz stieg er aus dem Bus und warf das Kuvert in den Briefkasten seiner Ex, die in der Nähe wohnte. Er fühlte sich erleichtert und dachte: «Wieder einen Monat Ruhe.» Hätte er seinen Kalender und die regelmässigen Zahlungen im Griff, so wäre ihm klar geworden, dass es nur ein halber Monat war.
Die Unterlagen zu seinem Auftrag hatte er bereits im Bus studiert. Hänni kannte nun den Wohnort des Vermissten und so begab er sich zu Fuss Richtung Albisriederplatz, wo der Gesuchte in einer Wohngemeinschaft mit zwei anderen Personen wohnte. Als er in die Friedaustrasse einbog, wurde er nach wenigen Metern von einem Absperrband der Polizei gestoppt. Die halbe Strasse war Sperrgebiet und es wimmelte von Uniformierten, Schaulustigen und Polizeiautos. Auch ein Krankenwagen war vor Ort, ebenso ein Wagen der Forensik, wie Hänni mit Kennerblick feststellte. Immerhin hatte er vor vielen Jahren auch mal zur Truppe gehört und er wusste sofort, dass genau in jenem Haus, das er aufsuchen wollte, ein Gewaltverbrechen geschehen war.
«Was ist passiert?», fragte er einen Schaulustigen, der mit einem der Polizisten diskutiert hatte und sich fürchterlich aufregte.
«Ich kann nicht mal in meine Wohnung», schimpfte der Gaffer, «obwohl ich hier seit 15 Jahren wohne!»
Hänni mimte Verständnis und liess ihn weiterreden.
Der Polizist habe auf sein Drängen hin, so der Nachbar, ausgeplaudert, dass man eine schockierte Frau und einen leblosen Mann vorgefunden habe und nun nach dem dritten Mitglied der Wohngemeinschaft, einem Brasilianer, suche. Er habe im Gegenzug dem Polizisten berichtet, dass in jener Wohnung suspekte Leute ein- und ausgegangen waren, was er durch den Türspion beobachtet hatte. Meist junge Männer mit Mützen oder Kapuzen, oft auch eine hübsche, blonde Frau und manchmal Leute mittleren Alters im Business-Look.
«Tönt nach einer WG, die Drogen vertickt», vermutete Hänni.
Er hatte genug erfahren, bedankte sich und wie er sich vom Ort entfernte, sah er, dass der Krankenwagen unverrichteter Dinge abfuhr, während zwei Männer einen Metallsarg aus einem schwarzen Auto zogen.
Bevor Hänni zu seiner Wohnung fuhr, gönnte er sich einen Zwischenstopp am Bahnhofplatz, wo er sich im «Davidoff of Geneva-Store» mit einem Kistchen Genuss und Lebensfreude eindeckte.

Familiensache: Ein Arthur-Hänni-Krimi von Peter Inderbitzin – Teil 2

Er wusste jetzt, dass es Wasser war. Er hatte es an den Geräuschen gemerkt, aber auch an den Gerüchen. Er spürte die Feuchtigkeit an seiner Haut, und er hatte in der Ferne ein Schiffshorn gehört. Der Mann – er war sicher, dass es ein Mann war, auch wenn er ihn nicht erkennen konnte – hatte ihn unsanft geweckt und aufgerichtet. Ruckartig war ihm der Kleber vom Mund gerissen worden, und bevor er etwas sagen konnte, wurde ihm Wasser zu trinken gegeben. Wie ein Kleinkind bekam er ein Sandwich in kleinen Bissen gefüttert. Danach gab es nochmals zu trinken, bis er die Lippen zusammenpresste und den Kopf schüttelte. Er öffnete erneut den Mund: «Wo bin ich? Was wollen Sie v…?» Ein Klebband stoppte seine Fragen, dann verspürte er einen Stich im Oberarm und sein Körper sank ermattet auf den hölzernen Boden.
Hänni hatte sich zuhause zuerst eine halbe Stunde Schlaf und dann eine «Davidoff Grand Cru No. 5» gegönnt. Während er dem aufsteigenden Rauch zusah, notierte er, was er bereits an Fakten zu seinem neuen Fall wusste. Die Infos von Mia waren eine gute Grundlage und er versah sie mit seinen Gedanken und Beobachtungen. Mia traute ihren Eltern offenbar nicht. Sie schien echt verliebt zu sein, denn jedes Mal, wie der Name ihres Verlobten, Tiago, geschrieben stand, hatte sie Herzchen dazu gemalt. Hänni notierte, dass die Eltern offensichtlich noch nichts von einer Verlobung gewusst hatten. Es schien, als ob der junge Mann nicht nach dem Geschmack der Eltern war. Deren Welt bestand wohl darin, Geld zu besitzen und es auszugeben: in Paris, in St. Moritz, auf Golfplätzen und beim Segeln, für den plastischen Chirurgen und den erfolgreichen Ermittler. Er schmunzelte beim letzten Gedanken. Der Junge hatte in einer WG gewohnt, und Hänni musste herausfinden, ob er derjenige war, der nun beim Forensiker auf dem Tisch lag oder derjenige, nach dem man fahndete.
Aus Mias Notizen erfuhr Hänni, dass sich Tiago gerne beim «Palestine Grill» an der Langstrasse verpflegte. Es war inzwischen Abend geworden und er beschloss, sich dort umzuhören und gleichzeitig etwas zu essen. Während er der Bäckeranlage entlang Richtung Langstrasse schlenderte, überlegte er sich, wie er nach Tiago fragen wollte, ohne gleich als Bulle dazustehen. Als er in die Langstrasse einbog, erblickte er auf dem gegenüberliegenden Trottoir eine ihm bekannte Person, die er hier nicht vermutet hätte.
«Das glaube ich ja nicht, sieh mal an, der feine Herr Burckhardt mit seinen Geschäftspartnern!»
Nur stammten sie nicht aus dem Mittleren Osten, sondern eher aus der Karibik, und sie waren auch nur eine Person und die war weiblich und ziemlich leicht gekleidet. Also schon eine Art Geschäftspartnerin. Hänni folgte ihnen in sicherem Abstand, sah, wie sie die Langstrasse überquerten, in die Rolandstrasse einbogen und dort in einem Haus mit farbigen Fenstern verschwanden.
«Das muss das neue Zunfthaus sein», murmelte Hänni und grinste.
Er hatte genug gesehen, kehrte um und begab sich zum Palestine Grill.

 

Familiensache: Ein Arthur-Hänni-Krimi von Peter Inderbitzin – Teil 2

Hännis Gespräch mit dem Angestellten des Fast Food-Standes war von kurzer Dauer gewesen und er hatte dabei nichts Neues erfahren. So sprach er weitere Leute an, von denen er vermutete, dass die kleine Piazza vor dem Grill ihr Wohnzimmer war. Einige erkannten Tiago auf dem Bild, das Hänni ihnen zeigte, oder sie taten wenigstens so. Alle verneinten, dass der Junge hier Drogen vertickte. Eine Frau erinnerte sich, den Jungen mit einer äusserst attraktiven Blondine gesehen zu haben und bot Hänni einen Kurzaufenthalt im Paradies für weniger als einen Hunderter an.
Er hatte nichts erreicht, ausser dass drei Gestalten, die auf dem Platz vor dem «Palestine Grill» herumlungerten, auf ihn aufmerksam geworden waren. Er hätte es wissen müssen. Man stellt an der Langstrasse nicht stundenlang Fragen und zeigt Fotos herum wie in einer «Tatort»-Folge. Hänni kam genau einen Block weit, als sich ihm die drei in den Weg stellten und ihn umkreisten. Alle drei rochen nach Gras und hatten schlechte Zähne.
«Stellst viele Fragen, alter Mann», sprach ihn einer in gebrochenem Deutsch an. «Nicht cool, Mann. Hier stellt nur Polizei Fragen. Bist Polizist?»
Hänni schüttelte den Kopf.
«Ich weiss, dass du nicht bist, sonst kennen wir dich. Bist nur neugieriger, alter Mann, und Neugier nicht gesund. Wollen doch gesund bleiben?»
Es war nicht der Moment für Diskussionen, weshalb Hänni zustimmend nickte.
Der Typ hinter ihm kam nahe an sein Ohr: «Einfache Message – verpiss dich!»
«Alles klar», erwiderte Hänni, «ich denke, ich esse morgen meinen Döner woanders.»
Die drei liessen ihn ziehen und er war froh, als er zwanzig Minuten später die Wohnungstür hinter sich schliessen konnte. Was für ein Samstag!

Der Klang eines Schiffshorn hatte ihn geweckt. Er hatte Durst und seine Glieder schmerzten. War es bereits abends, oder einfach nur dunkel? Seine Gedanken kreisten erneut um die eine Frage: Weshalb war er hier? Wer hatte Interesse daran, ihn aus dem Verkehr zu ziehen? Und erneut kam er auf dieselbe Antwort. Es war wegen der WG. Seit Wochen gingen komische Leute bei ihnen ein und aus. Allesamt Bekannte von Bleond, seinem Mitbewohner. Der nannte sich zwar Student, schien aber nie eine Vorlesung zu besuchen. Er war sicher, dass Bleond Drogen vertickte. Deshalb hatte er aus der WG ausziehen wollen. Schon lange. Er wollte nichts mit diesen Leuten zu tun haben. Er wollte mit Mia zusammenwohnen. Dies hatte er Bleond und auch Kaja, der Dritten aus der Wohngemeinschaft, deutlich gesagt. War dies ein Grund für eine Entführung? Hatte er zu viel gesehen oder gehört?

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