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03. Mai 2023

«Nebst all den technischen Zündmechanismen waren für mich die ästhetischen Formen von Entscheidung»

Fritz Gretzinger hat eine besondere Sammelleidenschaft: Feuerzeuge haben es ihm angetan. Tabak, Drinks and more fragt nach.

Tabak, Drinks and more: Herr Gretzinger, wie kommt man auf die zündende Idee Feuerzeuge zu sammeln?

Eigentlich der totale Zufall. Das Interesse und die Idee kam an einem Besuch der Sammlerbörse 1999 in Zürich. An einem Stand präsentierte ein Händler eine grosse Anzahl alter Benzinfeuerzeuge. Das hat mich irgendwie fasziniert und so habe ich ihm ein altes englisches Ronson-Tisch-Feuerzeug aus den 1930er Jahren abgekauft, einfach so, aus purer Lust an dem schönen Ding. Und in keiner Weise dachte ich da ans Sammeln, zudem bin ich auch kein Raucher, mal abgesehen, dass ich hin und wieder eine Zigarre geniesse.

Aus dem Zufall wurde dann eine Sammlung, schlecht vorstellbar, oder?

Genau, einfach schlecht vorstellbar, aber dem Zufall folgte ein weiterer und der brachte die Entscheidung. Paar Stände weiter gab es einen Bücherstand und da fand ich ein Buch über alte Benzinfeuerzeuge. Im dem «Handbook of Vintage Cigaret Lighters» war unter anderem auch das gekaufte Feuerzeug abgebildet. So kaufte ich dieses Buch und wurde von der Vielfalt der abgebildeten Feuerzeuge richtig angezogen. Diese Faszination liess mich nicht mehr los, weitere Bücher kamen dazu. Die Lust diese Feuerzeuge in den Büchern zu betrachten war das eine, aber das eine oder andere schöne Stück zu besitzen war die andere Seite. Damit war es geschehen, mein Jagd- und SammelInstinkt wurde aktiviert.

Und dann sammelten Sie einfach drauflos? Gab es da irgendwelche Kriterien?

Natürlich kann man wahllos drauflos sammeln, aber das macht ja keinen Sinn. Die Bücher gaben mir eine Orientierungshilfe. Das Benzinfeuerzeug – die Kleinvariante des Feuermachens des industriellen Zeitalters – Ende der 1880er Jahre bis in die 1960er Jahre, bis das Gasfeuerzeug aufkam, wurde zu meinem Kriterium. Nebst all den technischen Zündmechanismen waren für mich die ästhetischen Formen von Entscheidung. Das Feuerzeug musste mir einfach auf irgendeine Art gefallen. Vermutlich eine nicht so gängige Art des Sammelns. Viele sammeln eher nach Hersteller wie Dunhill, Ronson, Evans, Dupont, KW, Ibelo, Lancel, Myflam etc. oder nach Zündmechanismen.

«Nebst all den technischen Zündmechanismen waren für mich die ästhetischen Formen von Entscheidung»

Als Laie sieht man diese Formenvielfalt. Wie kam es dazu, dass Ihre Sammlung in relativ kurzer Zeit so schnell gewachsen ist?

Gute Frage, wenn ich die Sammlung heute so betrachte, erscheint es mir sowieso fast unmöglich. Ich hatte da ein wenig Zeitglück. Zu der Freude etwas Spannendes entdeckt zu haben und dem Entschluss etwas zu sammeln kam gleich die Ernüchterung. Bei einigen Büchern über Feuerzeugsammlungen gab es auch Preisangaben zu den einzelnen Feuerzeugen und da wurde mir schon klar, dass eine Sammlung wie ich sie mir vorstellen konnte, nicht realisierbar war. Ich hatte mir ja «meine Lieblingssammlung» aufgrund der Abbildungen und Beschreibungen aus den Büchern zusammengestellt. Trotzdem, aufgeben war nicht mein Ding. Zu dieser Zeit kam Ebay so richtig in Fahrt. Und diese neue internationale Art der Online-Auktion an Dinge ranzukommen, die andere nicht mehr brauchen, war mein Glück. Während einiger Jahre konnte ich viele meiner Lieblingsstücke, quer über die USA, England, Frankreich, Deutschland, Österreich und Italien finden und diese noch zu einem erträglichen Preis an den Auktionen ersteigern. Es war jedes Mal verdammt spannend, bekommt man das Stück oder nicht, eine wahre Jagdleidenschaft (lacht). Leider ist seit einigen Jahren diese Zeit wirklich vorbei, da viele junge und alte Ebayer ihre Schätze geräumt haben. Was jetzt noch auf den Markt kommt, abgesehen von der Qualität, ist viel zu teuer und hat nicht mehr diese Vielfalt.

Heisst das, dass Ihre Sammlung für sie jetzt abgeschlossen ist?

Selbstverständlich ist eine Sammlung nie abgeschlossen, es gäbe schon noch einige Wünsche. Aber sagen wir es mal so, es ist nicht mehr «so dringend», da ich die meisten meiner Lieblingsstücke ergattern konnte. Hin und wieder bin ich auf der Suche und merke, dass ich das richtige Zeitfenster für meine Sammlung hatte, das freut mich schon sehr, ein Zufall halt.

Schauen Sie Ihre Sammlung auch hin und wieder genauer an?

Sicher – und nicht nur beim Abstauben und Putzen (lacht) – es sind vermutlich doch an die zweihundert Exemplare. Ich freue mich immer wieder die einzelnen Stücke in die Hand zu nehmen. Manche Feuerzeuge haben eine schöne Geschichte, da natürlich nicht alle an den Auktionen erstanden wurden, sondern auch an Flohmärkten oder in Antiquitätenläden gekauft wurden. Auch meine Partnerin hatte manchmal schöne Überraschungen für mich. Und auch Freunde brachten manchmal ihre alten Benziner, die sie durch Gasfeuerzeuge ersetzten, als Geschenk mit. Von Zeit zu Zeit nehme ich all die Feuerzeug-Bücher hervor und blättere mit Genuss durch diese Feuerzeugwelt. Es ist schon eine Freude die schönen Feuerzeuge in den Büchern zu betrachten, man muss ja nicht «Alles» besitzen (lacht). Da halte ich es mit einer Aussage, die ich irgendwo mal gelesen habe, dass Freude auch im Auge des Betrachters «genügt», ohne sich an das Materielle zu hängen.

Danke für Ihre Ausführungen zu Ihrer Sammlung, das war fast ein philosophischer Abschluss.

(lacht) Wenn man denkt, wie selbstverständlich die Menschen heute ihr kleines Feuer im Sack tragen und wie lange die Menschheit für diesen kulturellen Schritt der Feuerbewahrung brauchte, kann man schon philosophisch werden.

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