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07. Januar 2022

Orientalischer Tabakgenuss auf dem Vormarsch

Sie sorgt für orientalisches Flair beim Tabakgeniessen: Die Wasserpfeife, oder auch Shisa genannt. In der Schweiz gilt sie heute als trendiges Erfolgsprodukt. Das war aber längst nicht immer so. Ein Blick zurück – und in die Zukunft.

Jeder Dritte der 15- bis 19-Jährigen in der Schweiz raucht regelmässig oder gelegentlich eine Wasserpfeife. Dies zeigt eine Erhebung des Bundes­amtes für Gesundheit, die im letzten Jahr veröffentlicht wurde. Damit erreichen Shishas – wie die Wasserpfeifen auch genannt werden – fast schon das Niveau des Zigarettenkonsums. Shisha-Rauchen ist seit ein paar Jahren im Trend. Wieso genau, da sind Experten am Mutmassen. Man spricht von verändertem Ausgehverhalten der Jugendlichen, von einem neuen Bewusstsein des Genusses. Beim immer stressigeren Alltag stehe in der Freizeit wieder die Erholung im Zentrum. «Chillen» ist angesagt. Und dafür eignet sich die Wasserpfeife hervorragend. Gemütlich beisammen sitzen, diskutieren, geniessen und ab und zu den meist fruchtigen Rauch einer Wasserpfeife kosten: Wie kaum ein anderes Tabakprodukt vereint die Wasserpfeife Aspekte des Tabakgenusses mit der Geselligkeit. Natürlich werden auch Zigarren, Tabakpfeifen oder andere Tabakprodukte in gemütlicher Runde konsumiert, einzig die Shisha aber wird oft zu zweit oder in einer grösseren Gruppe geteilt – und das bereits seit jeher.

Ursprünglich kommt die Wasser­pfeife aus Indien. Dort war der Behälter noch eine Kokosnuss, ein ­Bambusstock diente als Kolben. Die Form wie man sie heute kennt, wird jedoch dem Ägypten des 16. Jahr­hunderts zugeschrieben. Schnell entwickelte sich das Rauchen der Shisha dort zum Symbol der Gastfreundschaft und wurde zum festen Bestandteil der Kultur, gleich wie beispielsweise das Kaffee- oder Teetrinken. Während sich die Kaffee- oder Teekultur aber bald auch in Europa ausbreitete, tat sich die Wasserpfeife hier schwer. Sie stiess vor allem in der arabischen Welt auf Anklang und setzte sich westlich davon kaum durch. Im Orient jedoch wurde sie zum Erfolgsmodell und gehörte fast vier Jahrhunderte lang unweigerlich zum Alltagsbild. Bis sie zum Ende des 20. Jahrhunderts plötzlich von der Bildfläche zu verschwinden drohte. Die damalige Entwicklung erinnert stark an die Geschichte der ­Tabakpfeife hierzulande. In der arabischen Welt war es die Shisha, welche von der jüngeren Generation als Kultur der alten Männer verschrien war. Man wollte sich von den Sitten und Gebräuchen der Eltern und Grosseltern distanzieren. ­Alles musste neu, moderner, schneller sein.

Orientalischer Tabakgenuss auf dem Vormarsch

Erst in den vergangenen 10 bis 20 Jahren lernte man die Wasserpfeife wieder neu zu schätzen. Der Grund dafür ist wohl gleich wie bei der Tabakpfeife in der Zurückbesinnung auf alte Werte zu suchen. Man wollte sich wieder Zeit nehmen für den Genuss, ausspannen, aus dem Alltag entfliehen. Innert kürzester Zeit eröffneten in arabischen Grossstädten unzählige Shisha-Kaffees und -Bars, die auf grossen Anklang stiessen. Und dies nicht nur im ­Orient. In der globalisierten Welt fand die Wasser­pfeife nun, im zweiten Anlauf, auch schnell den Weg nach Europa und in die Schweiz. Zum einen über Einwanderer oder Schweizer mit arabischen Wurzeln. Ebenso Reisende wussten es zu schätzen, dass sie auch hierzulande in Ferien-­Erinnerungen schwelgen konnten. Wie Pilze schossen die Shisha-Bars zuerst in den grösseren Städten und anschliessend auch in den ländlichen Gebieten der Schweiz aus dem Boden.

Innerhalb weniger Jahren hat sich der Import von Shisha-Tabak in die Schweiz verdreifacht. Und die Nachfrage scheint noch längst nicht gesättigt zu sein. Verschiedene Schweizer Barbetreiber sprechen auf Anfrage fast unisono von einem guten Geschäft, trotz kürzlicher Erhöhung von Einfuhrzöllen (siehe Box ­«Höhere Steuern von heute auf morgen»). Der Tabak für Wasserpfeifen ist ein feuchter Tabak, um einiges feuchter als jener für Pfeifen oder Zigarren. Hergestellt wird er aus Rohtabak, Melasse und Glycerin. Im Gegensatz zu den arabischen Ländern wird in Europa hauptsächlich aromatisierter Tabak geraucht – und zwar in den unterschiedlichsten Aromarichtungen. Das am weitest verbreitete Aroma ist Doppelapfel, die Auswahl reicht aber von Mango, Banane, Erdbeere, Pfirsich über Karamell, Vanille, Lakritze bis hin zu ­Basilikum- oder Biertabak. Die grössten Hersteller von Shisha-Tabak finden sich in den Ursprungsländern wie Ägypten, Jordanien oder den Vereinigten Arabischen Emiraten. Aber auch einige Hersteller aus den USA ­mischen auf dem Markt mit. Oft unterscheiden sich die Tabake allgemein nur wenig in den angebotenen Aromen, vielmehr aber im verwendeten Tabak und dem Feuchtigkeitsanteil.

«Die Shisha scheint genau den Nerv der heutigen Zeit zu treffen. Denn ob zu Hause oder in einer Bar: Das bewusste Geniessen wird bereits durch die Vorbereitung gefördert.»

Auch hier könnte man wieder Parallelen zur Tabakpfeife oder auch der Zigarre ­sehen: Nur schon die Vorbereitung oder das Anzünden benötigen Zeit, lassen einen konzentriert geniessen und Alltagsgedanken zur Seite schieben (siehe Box «Wasserpfeifen rauchen – so geht’s»). Während das Wasser schnell einmal eingefüllt und der Tabak platziert ist, benötigt bei der Wasserpfeife vor allem das Anzünden der Kohle seine Zeit, die man sich auch nehmen sollte. Unterschieden wird hierbei zwischen selbstzündenden Kohletabletten sowie Naturkohle. Bei beiden ist es wichtig, dass sie gut durchgeglüht sind, wenn sie auf die Alufolie oder das Metallsieb gelegt werden. Bei selbstzündenden Kohletabletten, die geringe Mengen Schwarzpulver oder Magnesium enthalten, fällt dies etwas einfacher. Für Naturkohle hingegen, zum Beispiel aus Kokosnussschalen, Orangen- oder Olivenbaumholz, benötigt man meist einen Kohleofen oder Gasbrenner zur Erhitzung der Kohle. Natürlich gibt es aber auch bei der Wasserpfeife inzwischen schnellere Varianten für all jene, die auch unterwegs oder zum Beispiel in einer kurzen Arbeitspause das Shisha-­Feeling geniessen möchten: «Shisha to go». Die batteriebetriebene Wasserpfeife ist klein genug, um sie in der Hand- oder Hosentasche mitzuführen. Sie enthält ein Liquid bei­spielsweise mit Pfirsich, Apfel oder Melonen-Aroma, das über eine Heizspirale zum Verdampfen gebracht wird.

Ob für unterwegs, zuhause oder in der Shisha-Bar: Der Shisha-Boom weltweit und auch in der Schweiz dürfte wohl noch lange anhalten, sich in den nächsten Jahren – trotz wahrscheinlicher Preiserhöhungen – sogar noch verstärken. Ein Trend, dem Produzenten von anderen Tabakprodukten jedoch gelassen entgegen schauen können. Denn Wasserpfeifen bedienen kaum das gleiche Kundensegment wie zum Beispiel Tabakpfeifen oder Zigarren. Allen Konsumenten gemeinsam ist einzig das immer grösser werdende Bedürfnis nach einer ruhigen Oase im hektischen Alltag, in der man für einen Moment inne halten, zurücklehnen und geniessen kann – alleine oder mit Freunden.

Orientalischer Tabakgenuss auf dem Vormarsch

Wasserpfeifen rauchen – so geht’s!

  • Füllen des Wasserbehälters, bis das Rohr zwei bis drei Zentimeter ins Wasser reicht
  • Kolben auf den Wasserbehälter (Dichtung dazwischen)
  • Tabakkopf auf Kolben (Dichtung dazwischen)
  • Schlauch in das seitliche Rohr
  • Mundstück auf die Schlauchöffnung. Rauchen mehrere Personen an einer Shisha, kann das Mundstück auch jeweils ausgetauscht werden
  • Rund 15 Gramm Tabak in den Topf legen, Metallsieb (oder gelöcherte Alufolie) darauf
  • Kohle anzünden und darauf legen
  • Kohle auf Metallsieb oder Alufolie legen, sobald sie glüht kräftig Luft durch den Schlauch anziehen
  • Hat sich der Rauch über dem Wasser gesammelt, kann der Genuss starten
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