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03. Oktober 2020

Echt scharf diese Chilis!

Nicht jeder mag sie, aber alle kennen sie: Chilis! Während die scharfe Frucht in anderen Kulturen kaum aus den Küchen wegzudenken ist, fristete sie in der Schweiz lange ein Schattendasein. Jetzt sind sie langsam im Kommen – und das in den verschiedensten Formen und Schärfen.

Chilis sind nichts anderes als besonders schlaue Pflanzen. Ihren Ursprung haben sie in Mittel- und Südamerika. Genauer gesagt im nördlichen Amazonasbecken. Im feucht-­heissen Klima der Region fühlen sich auch Schimmel-Pilze besonders wohl. Und wie schützt man sich als Pflanze am besten gegen den ungebetenen Gast? Mit einem Gegenmittel. Im Falle der Chilis ist dies der Wirkstoff Capsaicin, den die Chilis im Laufe der Jahrzehnte entwickelten. Und da Capsaicin nicht nur gegen Schimmel wunderbar hilft, sondern auch für eine schöne Schärfe sorgt, profitierten auch bald die Ur-Einwohner vom Anti-Schimmelstoff. Als Gewürz für ihre Gerichte – obwohl Capsaicin selbst geschmackslos ist.

Vom Amazonasbecken aus eroberte die scharfe Pflanze die ganze Welt. Zuerst Süd- und Mittelamerika sowie die Karibikstaaten. Dann auch Europa. Und von hier aus fanden sie den Weg bald bis nach Asien. Möglich war diese schnelle Verbreitung auch, weil die Chili-Pflanze sehr anspruchslos ist, im Anbau wie auch in der Pflege. Heute ist Chili aus vielen Küchen nicht mehr wegzudenken, allen voran den asiatischen.

Echt scharf diese Chilis!

Über 10 000 Chilli sorten

«Eigentlich sind wir aber, vor allem hier in Europa, sehr traurig unterwegs, was die Chilis anbelangt», sagt Chili-Züchter Beat Heuberger aus Zürich. «Ich schätze, dass es weltweit ungefähr 10 000 Chili-Sorten gibt, wovon die breite Masse der Konsumenten weltweit nur einen kleinen Bruchteil kennt», sagt er. Die meisten jener Chilis, die bei uns oder den südeuropäischen Küchen verbreitet seien, gehörten sogar noch der gleichen Art an, den «Capiscum annum». Zum Beispiel die Gemüse-Paprika – in der Schweiz die Peperoni –, der in den 1950er-Jahren in Ungarn sämtliche Schärfe weggezüchtet wurde. Oder auch die italienischen oder spanischen Peperoncini, die schärferen Cayen­ne-Arten und die Thai-Chilis. Was aber ist mit den restlichen vier Zucht-Arten und 27 Wildformen?

«Mich fasziniert diese unglaubliche Vielfalt», erzählt Beat Heuberger. Nur bekomme man die Chilis hier nicht. So blieb ihm nichts anderes übrig, als sie selber anzubauen und zu züchten, teilweise auch Samen zu kreuzen, um jene Chilis zu erhalten, die er wollte. «Eigentlich ist es auch fast mehr ein Hobby, eine Liebhaberei», gibt der Chili-Experte zu. Wahrscheinlich würde es ausreichen, wenn er in seinem Sortengarten und Geschäft in Zürich nur 20 Prozent seiner Sortimentsbreite anbieten würde. «Aber das würde weniger Spass machen. Auch meinen Kunden.»

Deshalb bietet Heuberger Samen für rund 100 verschiedene Chili-Sorten an. Und rund 35 von ihnen auch als Setzlinge oder als Früchte. Die verschiedensten Schärfen, Farben, Formen und Aromen. Das sind beispielsweise die südamerikanischen Ajis, verschieden scharf aber meist mit exotisch-fruchtigem Aroma. Oder die Habaneros, exotisch fruchtig und meist extrem scharf.

Aber ist scharf nicht einfach scharf?

Ganz und gar nicht, findet Heuberger. «Grundsätzlich wird mit Chilis alles besser», sagt der Experte lachend. Das Besondere an Chilis sei, dass sie ganz auf ihre eigene Art Geschmacksverstärker seien. Sie transportieren Frucht­aromen hervorragend und heben vor allem Gegensätze hervor. Zum Beispiel beim Insalata Caprese, mit dem herb-vegetabilem Basilikum und den süss-sauren ­Tomaten. «Mit Chili stehen die beiden Aromen weiter auseinander und spielen intensiver zusammen.» Das gleiche gelte natürlich auch bei anderen Aromen. Zum Beispiel beim Wein-Genuss. Mit der richtigen Chili im Essen dazu tritt das Aroma des Weines nochmals ganz besonders hervor.

Echt scharf diese Chilis!

Die richtige Chili zum richtigen Gericht

Dabei gebe es aber zwei wichtige Grundsätze. Zum einen geht es bei Chili nicht darum, so scharf wie möglich zu sein. Chili solle unterstützen, nicht aber Geschmack abtöten. «Hier muss jeder für sich das richtige Mass finden.» Zum anderen gelte es eben auch, die richtige Chili zum Gericht zu finden. «Denn innerhalb dieser riesigen Chili-Vielfalt gibt es die richtige Chili für jedes Aroma – und eben nicht nur eine Chili für alles», so Beat Heuberger. Als Beispiel führt er die Aji Amarillo an. «Diese ist intensiv fruchtig und sowohl leicht erdig wie auch blumig. Und hat ein wunderbares Aprikosen-Aroma. Damit passt sie hervorragend zu einer Aprikosen-Wähe. Nur eine ganz kleine Prise davon intensiviert das Fruchtaroma und bringt das gewisse Prickeln im Gaumen. Mit Chili wird eben wirklich alles besser.»

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