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10. octobre 2020

«Je stärker eine Zigarre, desto stärker darf der Wein sein»

Zigarren und Weine haben auf den ersten Blick viel gemeinsam: Beides sind Genussprodukte, deren Herstellung einiges an Wissen und Geduld erfordert. Und beide überzeugen anschliessend mit den unterschiedlichsten Aromen. Aber passen Zigarren und Weine auch zusammen? Nur teilweise, sagt Sommelier Andreas Schröter. Zumindest, wenn man vom technischen Genuss ausgehe.

Andreas Schröter, Sie sind ausgebildeter Sommelier. Welchen Bezug haben Sie zu Zigarren?

Beruflich konzentriere ich mich heute vor allem auf Weine, importiere feine Tropfen aus Deutschland und Österreich und habe seit neustem sogar meinen eigenen Wein aus dem Wallis. Daneben arbeite ich noch in der Gastronomie als Sommelier. Zigarren sind heute entsprechend vor allem meine private Leidenschaft. Das war jedoch nicht immer so, ich habe auch schon Zigarren für Hersteller getestet und anschliessend Degustationsberichte darüber verfasst. Denn schlussendlich geht die Degustation von Weinen und Zigarren in eine ähnliche Richtung. Es geht bei beiden darum, welche Aromen man in welchem Stadium im Mund und in der Nase wahrnimmt.

Und wann geniessen Sie heute noch eine Zigarre?

Wenn ich Lust und Zeit dafür habe. Zugegebenermassen ist dies eher im Sommer der Fall, wenn ich irgendwo im Freien sitzen und geniessen kann. Das kann durchaus auch schon mal an einem Nachmittag sein, oder dann an einem lauen Sommerabend. Für mich bedeutet eine Zigarre immer abschalten, entspannen, runterfahren, zurücklehnen und geniessen, sei dies alleine oder mit Freunden. Das sind Pausen, die mir wichtig sind im sonst schon stressigen Alltag.

Geniessen Sie dazu immer ein Glas Wein?

Überhaupt nicht. Auch hier kommt es darauf an, auf was ich Lust habe. Das kann auch einmal ein Whisky oder eine andere Spirituose sein. Auch Bier kann hervorragend zu einer Zigarre passen. Meist ist es aber schon ein Wein. Am Nachmittag eher mal ein frischer Weisswein, am Abend ein schwererer Rotwein.

«Je stärker eine Zigarre, desto stärker darf der Wein sein»

Rent a Sommelier

Andreas Schröter ist gelernter Sommelier und führt auch Weinschulungen sowie Zigarren-Events durch, bei denen Zigarren und Weine kombiniert werden. Ausserdem ist er unter dem Motto «Rent a Sommelier» als mietbarer Sommelier unterwegs, berät Gastronomie-
unternehmen oder kommt zu privaten Anlässe nach Hause. «Dabei stimme ich das Angebot flexibel auf die Bedürfnisse ab, bringe entweder selber einige Weine zu einer Degustation mit oder kombiniere diese aus dem eigenen Weinkeller des Veranstalters», so Andreas Schröter.

www.weinschroeter.ch

Wie nah sind sich denn Wein und Zigarren?

Nur schon vom Gefühl des Geniessens her sind sich die beiden Produkte sehr nahe. Und auch von der Produkteentstehung. Beides sind natürliche Produkte, die durch unsere Weiterverarbeitung geformt und geprägt werden. Bei beiden Produkten erfordert es einiges an Wissen, um zum Endresultat zu kommen. Und bei beiden Produkten geht es darum, Aromen hervorzuheben, zu entwickeln, zu kombinieren und Produkte vielleicht auch reifen zu lassen.

Ergänzen sich Weine und Zigarren auch bei den Aromen?

Tatsächlich finden sich bei einer Zigarre und einem Wein ähnliche Ausprägungen bezüglich der Aromen. Das können Bitteraromen sein, Röstaromen, aber auch Fruchtaromen oder würzige Ausprägungen.

Entsprechend passen Zigarren und Weine hervorragend zusammen?

Diese Frage ist schwierig zu beantworten. Denn die Spannweite bei Weinen wie auch bei Zigarren ist schlicht zu riesig, um auf diese Frage eine pauschale Antwort zu geben. Man kann aber sagen, dass es durchaus Weine gibt, die zu gewissen Zigarren sehr gut passen. Ausserdem muss unterschieden werden zwischen dem technischen und dem emotionalen Genuss.

Was ist emotionaler Genuss?

Hier geht es darum, zu geniessen, was einem schmeckt, was man bevorzugt. Dabei spielt der Kopf eine sehr wichtige Rolle. Und geht man nach dem emotionalen Genuss, passt eigentlich jeder Wein zu einer Zigarre. Denn hier ist vor allem die Frage wichtig, welchen Wein man grundsätzlich mag, und nicht, welcher Wein zur Zigarre passen sollte. Schliesslich macht es ja keinen Sinn, wenn ich einen Wein zur Zigarre trinken muss, der mir grundsätzlich nicht schmeckt, auch wenn alle Experten sagen, dass er mir schmecken sollte.

Und der technische Genuss?

Beim technischen Genuss kommen dann die Aromen zum Tragen. Hier wird darauf geschaut, welche Aromen man beim Rauchen einer Zigarre antrifft und welche Aromen ein Wein aufweist. Stimmen diese Aromen überein? Ergänzen und unterstützen sie sich gegenseitig? Das ist der technische Genuss.

«Je stärker eine Zigarre, desto stärker darf der Wein sein»

Welcher Genuss ist aus Ihrer Sicht wichtiger?

Grundsätzlich schon der emotionale. Wie gesagt, es macht ja keinen Sinn, wenn man einen Wein trinken muss, der einem nicht schmeckt, der gemäss Experten aber zur Zigarre passen müsste. Aber auch den technischen Genuss sollte man nicht ganz vergessen. Vielleicht kann dieser ein Ansporn zum Ausprobieren sein? Wieso nicht einmal ausprobieren, ob ein Wein, den man sonst nicht so mag, gerade zur Zigarre eben plötzlich schmeckt, weil sich die Aromen so harmonisch ergänzen?

Werden wir etwas konkreter. Welche Weine würden Sie – nach dem technischen Genuss – zu einer kubanischen Zigarre empfehlen?

Kubanische Zigarren sind eher starke Zigarren mit sehr intensiven Aromen. Wohl am besten passen hierzu Portweine. Denn je würziger eine Zigarre ist, desto mehr Alkohol und je mehr Süsse darf der Wein haben. Ein kräftiger Vintage-Portwein oder Late Bottled
Vintage-Portwein zum Beispiel. Aber natürlich gehen auch kräftige Rotweine dazu. Zum Beispiel solche aus dem mediterranen Raum, aus Spanien, Portugal, Süditalien. Weine mit extremer Dichte und viele Aromen und einer gewissen Süsse im Abgang. Leichtere Rotweine hingegen würden neben einer kubanischen
Zigarre untergehen.

Welche Zigarren passen denn zu leichteren Rotweinen?

Eher milde Zigarren, vielleicht wird man eher in Nicaragua oder der Dominikanischen Republik als in Kuba fündig. Ich finde es jedoch immer sehr schwierig, nach den Herkunftsländern von Zigarren zu gehen. Schliesslich gibt es auch aus der Dominikanischen Republik durchaus kräftige Zigarren, während sich auch in Kuba mittelkräftige finden. Und so oder so werden meist die Weine zur Zigarre ausgewählt und nicht umgekehrt.

Kann man auch einen Weisswein zu einer Zigarre kombinieren?

Natürlich, idealerweise einen Weisswein mit sehr viel Restsüsse, vor allem bei starken Zigarren. Das können zum Beispiel Weissweine aus dem Bordeaux-Gebiet sein, oder süsse Weine aus dem Wallis. Oder Spätlese-
Weine, also mit Trauben, die so lange wie möglich an der Rebe hingen. Zu milderen Zigarren darf dann der Alkoholgehalt wieder etwas geringer sein. Hier eignen sich beispielsweise auch Weissweine aus Deutschland. Wichtig ist, ob zu milden oder starken Zigarren, dass die Weine nicht mehr viel Säure haben, Rot- wie Weissweine.

Gibt es denn auch Weine, die überhaupt nicht zu einer Zigarre passen?

Auch wenn es auf die Festtage zugeht: Einige Schaumweine passen leider überhaupt nicht zu Zigarren. Zum Beispiel einige Champagner, wie Extra Brut oder Brut. Diese haben schlicht eine zu hohe Säurestruktur, sind zu trocken, was eine Disharmonie mit den Bitteraromen einer Zigarre ergibt. Denn bitter und sauer verträgt sich sehr schlecht. Und leicht bitter ist jede Zigarre.

Das heisst, für die Festtage kein Champagner zur Zigarre?

Wenn man es rein technisch betrachtet, ist das so, ja. Aber auch hier gilt wieder, dass dies nur den technischen Genuss darstellt. Wenn es einem trotzdem schmeckt, dann soll man durchaus auch einen sehr trockenen Champagner zur Zigarre kombinieren können.

«Je stärker eine Zigarre, desto stärker darf der Wein sein»

Der persönliche Weintipp von Gian Andreas Misani der Giorgio Misani AG (Weinhandlung, Vinothek, Grapperia) in St. Moritz und Steckborn:

«Auch ich geniesse ein gutes und passendes Glas Wein zu einer feinen Zigarre und empfehle dazu zum Beispiel den «Vintage AOC Graubünden Süsswein» von Manfred Meier. Dieser Wein wird analog der Portwein-Kelterung vinifiziert und überzeugt mit einem Bukett von kräftiger Beerenaromatik, das an schwarze Johannisbeeren erinnert. Ein harmonisches Spiel zwischen Restsüsse, Tannine und Dörrfrucht-Aromen, was wunderbar zu einer Zigarre passt.»

www.misani.ch

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